Ingenieure des renommierten Massachusetts Institute of Technology (MIT) haben kürzlich eine revolutionäre Methode im Bereich des dreidimensionalen Drucks vorgestellt, die verspricht, die Art und Weise der Herstellung komplexer Objekte zu transformieren und gleichzeitig die Abfallmenge erheblich zu reduzieren. Diese Innovation basiert auf der Entwicklung eines speziellen Harzes, das seine Eigenschaften je nach Art des Lichts, dem es ausgesetzt ist, verändert und so neue Möglichkeiten für eine schnellere und umweltfreundlichere Produktion eröffnet.
Eine neue Ära der Photopolymerisation im 3D-Druck
Die Photopolymerisation im Tank (Vat Photopolymerization - VP) stellt eine der grundlegenden Technologien der additiven Fertigung dar, besser bekannt als 3D-Druck. Dieses Verfahren verwendet Licht, meist ultraviolettes (UV), um flüssiges Photopolymerharz selektiv auszuhärten, Schicht für Schicht, und so das gewünschte dreidimensionale Objekt aufzubauen. Die Technologie wird für ihre Fähigkeit geschätzt, hochauflösende Objekte mit feinen Details und glatten Oberflächen herzustellen, was sie ideal für Produkte wie personalisierte Hörgeräte, präzise Zahnimplantate, Zahnschienen und verschiedene andere Komponenten macht, die eine individuelle Anpassung und komplexe Geometrien erfordern.
Der klassische VP-Prozess steht jedoch vor einer inhärenten Herausforderung: der Notwendigkeit von Stützstrukturen. Diese Strukturen werden zusammen mit dem Hauptprodukt unter Verwendung desselben Materials gedruckt, um die Stabilität überhängender Teile zu gewährleisten und Verformungen während der Herstellung zu verhindern. Nach Abschluss des Drucks müssen diese Stützen manuell entfernt werden, was oft ein mühsamer und zeitaufwändiger Prozess ist. Darüber hinaus enden die entfernten Stützen meist als Abfall, da ihre Wiederverwendung selten möglich ist, was zum ökologischen Fußabdruck der Produktion beiträgt.
Revolutionäres Harz mit doppelten Eigenschaften
Ein Expertenteam des MIT in Cambridge, Massachusetts, hat eine elegante Lösung für dieses Problem angeboten. Sie haben ein innovatives Harz entwickelt, das je nach Wellenlänge des darauf einwirkenden Lichts zwei verschiedene Arten von festen Materialien bilden kann. Bei Bestrahlung mit UV-Licht härtet das Harz zu einem extrem festen und widerstandsfähigen Material aus, ideal für das Endprodukt. Wird dasselbe Harz hingegen sichtbarem Licht ausgesetzt, geht es ebenfalls in einen festen Zustand über, bildet aber ein Material, das in bestimmten Lösungsmitteln leicht löslich ist.
Diese Dualität ermöglicht das gleichzeitige Drucken eines festen Objekts und seiner Stützen in einem einzigen integrierten Prozess. Durch den Einsatz präzise ausgerichteter UV-Lichtmuster zur Herstellung des Produkts selbst und sichtbarer Lichtmuster zur Bildung der Stützstrukturen haben die Ingenieure die Notwendigkeit einer mechanischen Entfernung der Stützen eliminiert. Sobald der Druck abgeschlossen ist, wird die gesamte Baugruppe einfach in das entsprechende Lösungsmittel getaucht. Die Stützen lösen sich schnell auf und hinterlassen nur das gewünschte, mit UV-Licht hergestellte feste Teil.
Interessanterweise können als Lösungsmittel verschiedene sichere Flüssigkeiten verwendet werden, darunter sogar Babyöl. Noch bedeutender ist, dass sich die Stützen auch in der flüssigen Hauptkomponente des ursprünglichen Harzes auflösen können, ähnlich wie sich ein Eiswürfel in Wasser auflöst. Diese Entdeckung öffnet die Tür zum kontinuierlichen Recycling des für die Stützen verwendeten Materials. Nachdem sich das Stützmaterial aufgelöst hat, kann diese Mischung direkt dem frischen Harz wieder zugeführt und für den Druck nachfolgender Teile und ihrer löslichen Stützen wiederverwendet werden, wodurch Abfall und Materialkosten drastisch reduziert werden.
Demonstration fortschrittlicher Fähigkeiten
Um die Wirksamkeit ihrer Methode zu demonstrieren, wendeten die Forscher die neue Technik erfolgreich an, um eine Reihe komplexer Strukturen herzustellen. Dazu gehörten funktionale Zahnradbaugruppen, komplizierte Gitterstrukturen und andere Objekte, die bei herkömmlichen Methoden eine sorgfältige und langwierige Entfernung der Stützen erfordern würden. Ein Beispiel war ein Dinosauriermodell in einer eiförmigen Stützstruktur, die sich elegant auflöste und eine perfekt erhaltene Figur freilegte.
„Jetzt können Sie in einem einzigen Druckvorgang mehrteilige, funktionale Baugruppen mit beweglichen oder miteinander verbundenen Teilen erstellen und die Stützen einfach abspülen“, erklärt Nicholas Diaco, Doktorand und einer der leitenden Forscher des Projekts. „Anstatt dieses Material wegzuwerfen, können Sie es vor Ort recyceln und deutlich weniger Abfall erzeugen. Das ist unsere ultimative Hoffnung.“
Details zu dieser innovativen Methode wurden Ende 2023 in der Fachzeitschrift Advanced Materials Technologies veröffentlicht. Neben Diaco sind Carl Thrasher, Max Hughes, Kevin Zhou, Michael Durso, Saechow Yap, Professor Robert Macfarlane und Professor A. John Hart, Leiter des Instituts für Maschinenbau am MIT, Mitautoren der Studie.
Überwindung der Herausforderungen der konventionellen Photopolymerisation
Die konventionelle Photopolymerisation im Tank (VP) beginnt mit einem 3D-Computermodell der zu druckenden Struktur. Neben dem Objekt selbst enthält das Modell detaillierte Stützstrukturen, die um, unter und zwischen Teilen des Objekts angeordnet sind, um die Stabilität während des Drucks zu gewährleisten. Das Computermodell wird dann in Hunderte oder Tausende dünner digitaler Schichten „geschnitten“, die an den VP-Drucker gesendet werden.
Ein Standard-VP-Drucker besteht aus einem kleinen Tank mit flüssigem Harz, über dem sich eine Lichtquelle befindet. Jede Schicht des Modells wird in ein entsprechendes Lichtmuster übersetzt, das auf das Harz projiziert wird und dessen Aushärtung gemäß diesem Muster bewirkt. Schicht für Schicht bildet sich eine feste, lichtgedruckte Version des Modells und seiner Stützen auf einer Bauplattform. Nach Abschluss des Drucks hebt die Plattform das fertige Teil über das Harzbad. Nach dem Abspülen überschüssigen, nicht ausgehärteten Harzes folgt die Phase der manuellen Entfernung der Stützen, meist unter Verwendung von Schneid- und Schleifwerkzeugen. Dieses Stützmaterial endet, wie bereits erwähnt, fast immer als Abfall.
„In den meisten Fällen erzeugen diese Stützen eine große Abfallmenge“, betont Diaco und hebt eines der Hauptprobleme hervor, das die neue Methode löst.
Die Chemie hinter der Innovation: Drucken und Auflösen
Diaco und sein Team suchten nach einer Möglichkeit, die Entfernung gedruckter Stützen zu vereinfachen und zu beschleunigen, mit dem idealen Ziel, sie zu recyceln. Sie entwickelten ein allgemeines Konzept eines Harzes, das je nach Art des Lichts, dem es ausgesetzt war, eine von zwei Phasen annehmen konnte: eine widerstandsfähige Phase, die die gewünschte 3D-Struktur bilden würde, und eine sekundäre Phase, die als Stützmaterial dienen, aber leicht löslich sein würde.
Nach eingehender chemischer Forschung entdeckte das Team, dass sie ein solches Zweiphasenharz durch Mischen zweier handelsüblicher Monomere, der chemischen Bausteine, die in vielen Kunststoffarten vorkommen, herstellen konnten. Wenn ultraviolettes Licht auf die Mischung trifft, verbinden sich die Monomere zu einer fest vernetzten Struktur und bilden ein robustes, lösungsmittelbeständiges Material. Wird dieselbe Mischung sichtbarem Licht ausgesetzt, härten dieselben Monomere ebenfalls aus, aber auf molekularer Ebene bleiben die resultierenden Polymerketten voneinander getrennt. Das so gebildete feste Material löst sich schnell auf, wenn es in bestimmte Lösungsmittel getaucht wird.
Bei Labortests mit kleinen Reagenzgläsern des neuen Harzes bestätigten die Forscher, dass sich das Material tatsächlich in unlösliche und lösliche Formen als Reaktion auf UV- bzw. sichtbares Licht umwandelte. Beim Übergang zu einem 3D-Drucker mit LEDs geringerer Intensität als denen, die unter Laborbedingungen verwendet wurden, zerfiel das mit UV-Licht ausgehärtete Material jedoch in der Lösung. Das schwächere Licht verband die Monomere nur teilweise und ließ sie zu schwach miteinander verflochten, um die strukturelle Integrität aufrechtzuerhalten.
Die Lösung wurde in der Zugabe einer kleinen Menge eines dritten, „überbrückenden“ Monomers gefunden. Dieser Zusatz ermöglichte eine stärkere Bindung der beiden ursprünglichen Monomere unter UV-Licht, wodurch ein deutlich festeres Netzwerk entstand. Diese Modifikation ermöglichte es den Forschern, widerstandsfähige 3D-Strukturen und lösliche Stützen gleichzeitig unter Verwendung zeitlich abgestimmter UV- und sichtbarer Lichtimpulse in einem einzigen Druckzyklus zu drucken.
Breites Anwendungsspektrum und zukünftige Richtungen
Die neue Methode eröffnet die Tür zur Herstellung extrem komplexer Teile, einschließlich der bereits erwähnten Zahnräder, Gitter und sogar einer Kugel in einem quadratischen Rahmen, bei denen innere Stützen entscheidend sind, ihre Entfernung jedoch eine große Herausforderung darstellt. „Bei all diesen Strukturen benötigen Sie während des Drucks ein Netzwerk von Stützen innen und außen“, sagt Diaco. „Das Entfernen dieser Stützen erfordert normalerweise sorgfältige Handarbeit. Dies zeigt, dass wir mehrteilige Baugruppen mit vielen beweglichen Teilen und detaillierte, personalisierte Produkte wie Hörgeräte und Zahnimplantate schnell und nachhaltig drucken können.“
Professor für Maschinenbau John Hart, einer der Forschungsleiter, fügt hinzu: „Wir werden die Grenzen dieses Prozesses weiter untersuchen und wollen zusätzliche Harze mit diesem wellenlängenselektiven Verhalten und den mechanischen Eigenschaften entwickeln, die für langlebige Produkte erforderlich sind. Zusammen mit der automatisierten Handhabung von Teilen und dem Recycling von gelöstem Harz im geschlossenen Kreislauf ist dies ein spannender Weg zu einem ressourceneffizienten und kostengünstigen 3D-Druck von Polymeren im großen Maßstab.“
Die potenziellen Anwendungen dieser Technologie sind riesig. In der Medizin eröffnen sich neben den bereits erwähnten Hörgeräten und Zahnimplantaten Möglichkeiten zur Erstellung anatomischer Modelle für die Operationsplanung mit unglaublicher Präzision sowie zur Herstellung kieferorthopädischer Geräte. In der Industrie könnte die schnelle Prototypenfertigung komplexer Teile, funktionaler Baugruppen für Maschinen oder sogar Komponenten für die Robotik und die Luft- und Raumfahrtindustrie revolutioniert werden. Die Fähigkeit, komplizierte interne Kanäle und Hohlräume ohne das Risiko einer Beschädigung beim Entfernen der Stützen zu erzeugen, ist besonders wertvoll.
Diese Forschung, die die Grenzen der additiven Fertigung verschiebt, wird unter anderem vom Centre for Perceptual and Interactive Intelligence (InnoHK) in Hongkong, der U.S. National Science Foundation (NSF), dem U.S. Office of Naval Research und dem U.S. Army Research Office unterstützt. Eine solch breite Unterstützung weist auf die anerkannte Bedeutung und das Potenzial dieser Technologie hin, nicht nur für die wissenschaftliche Gemeinschaft, sondern auch für die industrielle Anwendung und Verteidigungstechnologien. Die Innovation aus Cambridge setzt somit neue Maßstäbe für Nachhaltigkeit und Effizienz im 3D-Druck.
Die weitere Entwicklung wird sich wahrscheinlich auf die Erweiterung der Palette von Materialien konzentrieren, die dieses selektive Verhalten gegenüber verschiedenen Lichtwellenlängen zeigen, sowie auf die Optimierung der mechanischen, thermischen und chemischen Eigenschaften der so erhaltenen Materialien, um den spezifischen Anforderungen verschiedener Branchen gerecht zu werden. Die Integration mit fortschrittlichen Softwarelösungen zur automatisierten Generierung von für die Auflösung optimierten Stützstrukturen und die Entwicklung von Systemen zur automatisierten Handhabung von Teilen und zum Harzrecycling in einem vollständig geschlossenen Kreislauf sind Schlüsselschritte auf dem Weg zur breiten industriellen Anwendung dieser vielversprechenden 3D-Drucktechnologie.
Quelle: Massachusetts Institute of Technology
Greška: Koordinate nisu pronađene za mjesto:
Erstellungszeitpunkt: 05 Juni, 2025