Die Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) und der Japanischen Agentur für Luft- und Raumfahrterkundung (JAXA) tritt in eine neue, ehrgeizige Phase ein. Gestern hat die JAXA offiziell einen Finanzierungsantrag für ihre Teilnahme an der revolutionären europäischen Mission Ramses (Rapid Apophis Mission for Space Safety) eingereicht, deren Ziel eine nahe Begegnung mit dem Asteroiden Apophis ist. Dieser Schritt signalisiert eine Stärkung der internationalen Allianz im Schlüsselbereich der planetaren Verteidigung und öffnet die Tür zu einem einzigartigen wissenschaftlichen Unterfangen, das unser Verständnis von Asteroiden und die Art und Weise, wie wir die Erde vor potenziellen Bedrohungen aus dem Weltraum schützen, neu definieren könnte.
Eine einzigartige Gelegenheit für Wissenschaft und Planetenverteidigung
Die Ramses-Mission stellt eine außergewöhnliche Gelegenheit dar, die von der ESA als „einmalig in einem Jahrtausend“ beschrieben wird. Es ist geplant, dass die Raumsonde Ramses den Asteroiden Apophis mit einem Durchmesser von etwa 375 Metern abfängt und ihn während seines extrem nahen, aber sicheren Vorbeiflugs an der Erde im April 2029 begleitet. Wissenschaftler werden dann aus nächster Nähe beobachten können, wie die Gravitationskraft unseres Planeten die physikalischen Eigenschaften des Asteroiden beeinflusst. Es wird erwartet, dass die Schwerkraft der Erde Änderungen in seiner Rotation und Oberflächenstruktur hervorruft und sogar seismische Aktivitäten im Inneren des Asteroiden auslöst. Die während dieses Phänomens gesammelten Daten werden einen unschätzbaren Einblick in die innere Struktur und Zusammensetzung von Asteroiden liefern, was für die Entwicklung zukünftiger Strategien zur Ablenkung oder Zerstörung von Himmelskörpern, die sich auf Kollisionskurs mit unserem Planeten befinden könnten, von entscheidender Bedeutung ist. Die endgültige Entscheidung über die Finanzierung der Ramses-Mission wird auf dem ESA-Ministerrat im November 2025 getroffen. Da die Raumsonde im Laufe des Jahres 2028 gestartet werden muss, um ihr Ziel rechtzeitig zu erreichen, laufen bereits Vorbereitungsarbeiten, um die Durchführbarkeit und Bereitschaft dieses komplexen Projekts sicherzustellen.
Apophis: Gott des Chaos unter astronomischer Überwachung
Der Asteroid 99942 Apophis, benannt nach der ägyptischen Gottheit des Chaos und der Zerstörung, wurde 2004 entdeckt und sorgte sofort für große Besorgnis in der wissenschaftlichen Gemeinschaft. Erste Berechnungen seiner Flugbahn deuteten auf eine beunruhigend hohe Wahrscheinlichkeit eines Zusammenstoßes mit der Erde im Jahr 2029 hin und erreichten auf der Torino-Gefahrenskala einen Rekordwert von 4. Nachfolgende, präzisere Beobachtungen schlossen die Möglichkeit eines Einschlags aus, nicht nur für 2029, sondern auch für die nächsten hundert Jahre. Dennoch wird Apophis am 13. April 2029 in einer Entfernung von nur 32.000 Kilometern an der Erdoberfläche vorbeiziehen. Das ist näher als die Umlaufbahnen geostationärer Satelliten und stellt den engsten aufgezeichneten Vorbeiflug eines Asteroiden dieser Größe in der modernen Geschichte dar. Dieses himmlische Ereignis wird so spektakulär sein, dass Apophis mit bloßem Auge von Gebieten in Europa, Afrika und Westasien aus sichtbar sein wird, was Milliarden von Menschen eine einzigartige Beobachtungsmöglichkeit bietet. Genau diese Nähe macht ihn zu einem perfekten natürlichen Labor zur Untersuchung von Gezeitenkräften und deren Einfluss auf Himmelskörper, was das grundlegende wissenschaftliche Ziel der Ramses-Mission ist.
Japans Beitrag zur europäischen Mission
Parallel zum Genehmigungsprozess der ESA hat die JAXA einen formellen Finanzierungsantrag bei der Regierung von Japan eingereicht und damit ihr Engagement für dieses gemeinsame Ziel bestätigt. Im Falle einer Genehmigung wird der japanische Beitrag zur Mission von entscheidender Bedeutung sein. Die JAXA soll Schlüsselkomponenten für die Ramses-Raumsonde liefern, darunter Solarpaneele für die Stromversorgung und ein fortschrittliches Infrarot-Bildgebungsinstrument. Der Infrarot-Imager wird eine detaillierte Analyse der thermischen Eigenschaften und der Oberflächenzusammensetzung des Asteroiden ermöglichen. Darüber hinaus bietet Japan auch an, die Mission mit seiner neuen, leistungsstarken H3-Rakete zu starten. Eine solche „Rideshare“-Vereinbarung würde die Ressourcen erheblich optimieren und die Stärke der internationalen Zusammenarbeit in der Praxis demonstrieren. Diese Synergie von Technologie und Fachwissen unterstreicht den globalen Charakter der planetaren Verteidigung, bei der Ressourcen und Wissen für die gemeinsame Sicherheit gebündelt werden.
Fortsetzung der erfolgreichen Zusammenarbeit
Die potenzielle Partnerschaft bei der Ramses-Mission baut auf der bereits bestehenden und äußerst erfolgreichen Zusammenarbeit zwischen der ESA und der JAXA auf. Die beiden Agenturen arbeiten bereits eng an der ersten planetaren Verteidigungsmission der ESA, Hera, zusammen, die sich derzeit auf dem Weg zum Asteroidensystem Didymos befindet. Die Hera-Mission wird die Folgen des DART-Experiments der NASA untersuchen, bei dem eine Raumsonde absichtlich mit dem kleineren Asteroiden Dimorphos kollidierte, um die Methode des kinetischen Einschlags zur Flugbahnänderung zu testen. Paolo Martino, der Missionsmanager von Ramses, äußerte sich sehr zufrieden über die bisherige Zusammenarbeit: „Unsere Erfahrung in der Zusammenarbeit mit unseren Kollegen von der JAXA, zuerst bei der Hera-Mission und jetzt bei Ramses, war ausgezeichnet. Wir fühlen uns wirklich wie ein global integriertes Team mit einem gemeinsamen Ziel. Wir würden uns freuen, gemeinsam die Herausforderung anzugehen, Apophis zu erreichen.“ Seine Worte werden von Holger Krag, dem Leiter des ESA-Programms für Weltraumsicherheit, bestätigt, der erklärte: „Die ESA begrüßt das wachsende Interesse der JAXA an einer Teilnahme an der Ramses-Mission. Internationale Zusammenarbeit ist das Herzstück der planetaren Verteidigung, und wir freuen uns sehr zu sehen, dass Europa und Japan ihre Partnerschaft in diesem Bereich weiter stärken.“ Diese Zusammenarbeit bestätigt, dass der Schutz des Planeten vor kosmischen Bedrohungen eine globale Verantwortung ist, die über nationale Grenzen hinausgeht und die vereinten Anstrengungen der gesamten Menschheit erfordert.
Erstellungszeitpunkt: 8 Stunden zuvor