Die Europäische Weltraumorganisation (ESA) und ihre Partner haben einen entscheidenden Durchbruch bei der Entwicklung von Weltraumtechnologien der nächsten Generation erzielt. Ende Juni 2025 wurde die zweite Testreihe des Raketentriebwerks Prometheus erfolgreich abgeschlossen. Dabei wurden Fähigkeiten demonstriert, die Europa auf die Landkarte der Entwicklung von wiederverwendbaren Antriebssystemen setzen. Die Tests, die mehrere Zündungen umfassten, bestätigten die Optimierung des Triebwerks und seiner Subsysteme und ebnen den Weg für einen günstigeren und nachhaltigeren Zugang zum Weltraum.
Diese bedeutende Entwicklungsphase fand auf dem Prüfstand PF20 am Standort des Unternehmens ArianeGroup in Vernon, Frankreich, statt. Die Ingenieurteams führten eine Reihe von Tests mit dem zweiten gefertigten Modell des Prometheus-Triebwerks durch, wobei die Gesamtlaufzeit systematisch erhöht und die Leistung unter verschiedenen Schubprofilen analysiert wurde. Der Höhepunkt der Kampagne ereignete sich am 20. Juni 2025, als das Triebwerk an einem einzigen Tag vier aufeinanderfolgende Zündungen erfolgreich durchführte. Eine solche Leistung ist die erste ihrer Art in Europa für ein Triebwerk dieser Klasse und ein klares Zeichen für die Reife der Technologie und die operative Bereitschaft der Teams.
Prometheus: Das Herzstück der zukünftigen europäischen Raketen
Prometheus ist nicht nur ein weiteres Raketentriebwerk; es ist der Grundstein der europäischen Strategie für die Zukunft des Weltraumtransports. Benannt nach dem Titanen aus der griechischen Mythologie, der den Menschen das Feuer brachte, symbolisiert dieses Triebwerk eine neue Ära der Innovation. Es wird im Rahmen des Vorbereitungsprogramms für zukünftige Trägerraketen (Future Launcher Preparatory Programme - FLPP) der ESA entwickelt, mit dem Ziel, die Produktions- und Betriebskosten drastisch zu senken. Die geschätzten Produktionskosten für ein einziges Prometheus-Triebwerk belaufen sich auf etwa eine Million Euro, was einer zehnfachen Reduzierung im Vergleich zu bestehenden Triebwerken ähnlicher Leistung entspricht, wie zum Beispiel dem Vulcain-2-Triebwerk, das die Ariane-5-Rakete antreibt.
Der Schlüssel zur Erreichung dieses niedrigen Preises liegt im innovativen Design und der Anwendung fortschrittlicher Fertigungstechnologien, vor allem des 3D-Metalldrucks. Ein großer Teil der komplexen Komponenten des Triebwerks wird durch additive Fertigung hergestellt, was eine schnellere Produktion, eine geringere Anzahl von Teilen und vereinfachte Lieferketten ermöglicht. Darüber hinaus wurde Prometheus von Anfang an für die Wiederverwendbarkeit konzipiert, was ein entscheidender Faktor für die Senkung der Startkosten in der Zukunft ist.
Eine der wichtigsten technischen Eigenschaften des Triebwerks ist die Verwendung von flüssigem Sauerstoff (LOX) und flüssigem Methan (LCH4) als Treibstoff. Diese Wahl bietet zahlreiche Vorteile gegenüber traditionellen Treibstoffen wie Kerosin (RP-1) oder der Kombination aus flüssigem Wasserstoff und Sauerstoff. Methan verbrennt sauberer und hinterlässt deutlich weniger Ruß und Rückstände im Triebwerk, was die Inspektion und Wiederaufbereitung des Triebwerks zwischen den Flügen erheblich vereinfacht und beschleunigt. Außerdem ist Methan billiger, hat eine höhere Dichte als flüssiger Wasserstoff, was kompaktere Treibstofftanks ermöglicht, und seine Siedetemperatur liegt näher an der von flüssigem Sauerstoff, was das Design und die Isolierung des Systems vereinfacht. Langfristig macht die Möglichkeit, Methan außerhalb der Erde, zum Beispiel auf dem Mars, zu produzieren, es zum Treibstoff der Wahl für zukünftige interplanetare Missionen.
Themis: Der Demonstrator, der den Weg ebnet
Prometheus zeigt derzeit sein volles Potenzial als Antriebseinheit für Themis, einen Prototyp einer wiederverwendbaren ersten Raketenstufe. Themis, benannt nach der griechischen Göttin, der Mutter des Prometheus, stellt einen wichtigen europäischen Demonstrator für Technologien zur Bergung und Wiederverwendung von Raketenstufen dar. Dieses Programm, das unter der Leitung von ArianeGroup entwickelt wird, zielt darauf ab, alle Aspekte des vertikalen Starts und der vertikalen Landung (VTVL - Vertical Takeoff, Vertical Landing) zu testen.
Durch eine Reihe von Tests wird Themis den Ingenieuren ermöglichen, unschätzbare Daten über Aerodynamik, Leit- und Kontrollsysteme sowie über die Leistung der Landebeine und anderer Schlüsselsysteme zu sammeln. Das erste Modell des Themis-Demonstrators, ausgestattet mit einem einzigen Prometheus-Triebwerk, wurde bereits zum Weltraumbahnhof Esrange in Kiruna, Schweden, transportiert, wo sogenannte „Hop“-Tests durchgeführt werden – kurze Flüge in geringer Höhe, die die letzte Phase der Landung simulieren. Der Erfolg dieser Tests wird entscheidend für die weitere Entwicklung komplexerer Modelle sein, einschließlich einer Variante mit drei Prometheus-Triebwerken, die die Grundlage für zukünftige operationelle Trägerraketen bilden würde.
Das Themis-Programm ist zusammen mit Prometheus Teil einer breiteren europäischen Anstrengung, einen autonomen, wettbewerbsfähigen und nachhaltigen Zugang zum Weltraum zu sichern. In einer Welt, die von neuen privaten Akteuren mit innovativen Lösungen dominiert wird, entwickelt Europa durch diese Programme seine eigenen Fähigkeiten, um ein relevanter und verlässlicher Partner in der globalen Weltraumarena zu bleiben.
Ein Blick in die Zukunft: Neue Tests und weitere Entwicklung
Obwohl die zweite Testkampagne in Vernon mit außerordentlichem Erfolg abgeschlossen wurde, ist die Arbeit an der Perfektionierung von Prometheus noch lange nicht beendet. Der nächste Schritt im strengen Validierungsprozess umfasst das dritte Triebwerksmodell, das bald einer neuen Testreihe unterzogen wird. Diesmal werden die Tests in Deutschland stattfinden, am Standort des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Lampoldshausen.
Der Prüfstand P5 in Lampoldshausen, der historisch für die Erprobung des Vulcain-Triebwerks für Ariane-Raketen genutzt wurde, wurde kürzlich modernisiert und speziell für die Erprobung von methanbetriebenen Triebwerken angepasst. An dieser fortschrittlichen Anlage wird Prometheus Tests mit deutlich längeren Brenndauern unterzogen. Diese Langzeittests sind entscheidend, um die Haltbarkeit und Zuverlässigkeit des Triebwerks unter Bedingungen zu überprüfen, die den tatsächlichen Betrieb während eines Raketenstarts in den Orbit originalgetreu simulieren. Ziel ist es, die Leistung des Triebwerks während längerer Betriebszyklen zu bestätigen und Daten über die thermische und mechanische Belastung der Schlüsselkomponenten zu sammeln.
Die Flexibilität des Designs des Prometheus-Triebwerks ermöglicht seine Anpassung für verschiedene Typy zukünftiger europäischer Trägerraketen. Obwohl Themis sein primäres Testfeld ist, wird Prometheus als Antriebsbasis für zukünftige Raketen in Betracht gezogen, einschließlich potenzieller Nachfolger der Ariane-6-Rakete, aber auch für kleinere, kommerziell ausgerichtete Trägerraketen. Der Erfolg dieses Programms wird die Fähigkeiten Europas zum Start von Satelliten, zum Senden von Sonden in den tiefen Weltraum und zur Unterstützung zukünftiger bemannter Missionen direkt gestalten und so die strategische Unabhängigkeit für die kommenden Jahrzehnte sichern.
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