Bessere Konnektivität während des Fluges, mit stabileren Videoanrufen und ununterbrochenem Streaming von Sportübertragungen, rückt ab diesem Herbst einen Schritt näher an die kommerzielle Realität. Nach einer Reihe von Tests und Demonstrationsflügen tritt die von Viasat entwickelte Konnektivitätslösung der nächsten Generation für Flugzeuge – unter dem Namen Amara – in die letzte Phase der Industrialisierung ein. Die Schlüsselinnovation verbirgt sich in der elektronisch gesteuerten Dual-Beam-Phased-Array-Antenne, die gleichzeitig „auf” mehrere Satelliten in unterschiedlichen Umlaufbahnen „blickt” und den Verkehr dynamisch zwischen den Netzwerken umschaltet, je nachdem, ob niedrige Latenz für Anrufe oder maximale Kapazität für Video priorisiert werden muss. Das ideelle und technologische Fundament für diesen Übergang entstand im Rahmen des ARTES-Programms der ESA und des Aidan-Projekts, bei dem bereits 2021 ein Demonstrationsflug auf der Strecke Rotterdam–Payerne als Meilenstein für den Konzeptnachweis durchgeführt wurde.
Wie „Dual-Beam” funktioniert und warum das für Passagiere wichtig ist
Klassische kommerzielle Flugzeugantennen verließen sich jahrzehntelang auf mechanisch stabilisierte, „kardanische” (gimbaled) Systeme, die einen Satelliten physisch verfolgen und eine Verbindung in der geostationären Umlaufbahn (GEO) sicherstellen. Eine solche Verbindung bietet eine hohe Bandbreite, jedoch bei höherer Latenz. Im Gegensatz dazu besteht die neue Generation von elektronisch gesteuerten Antennenarrays (ESA/PAA) aus Hunderten oder Tausenden winziger Funkelemente, die sich beim Beamforming synchronisieren, um den Strahl elektronisch ohne bewegliche Teile zu lenken. Dadurch kann die Antenne sofort auf mehrere Satelliten ausgerichtet werden, einschließlich solcher in der niedrigen Erdumlaufbahn (LEO) mit minimaler Verzögerung, oder in GEO/HEO-Netzwerken, wenn Bandbreite und Reichweite entscheidend sind. Für den Passagier bedeutet das praktisch: ein Anruf über Apps ohne „robotische” Verzögerung auf einer Verbindung, während sich gleichzeitig ein zweiter Strahl um das Video-Streaming der gesamten Kabine „kümmert” – und das alles über eine einzige integrierte Antenne auf dem Flugzeugdach.
Die Architektur von Viasat in der Amara-Generation stützt sich auf die Fähigkeit zur gleichzeitigen Dual-Beam-Konnektivität und zur „Verschmelzung” der Vorteile jeder Umlaufbahn. Wenn eine Anwendung schnelles Feedback erfordert (z. B. Videoanrufe, interaktive Cloud-Spiele, Fernarbeit), leitet das Netzwerk den Verkehr zur LEO-Ressource mit niedriger Latenz. Wenn die Nachfrage nach Kapazität ihren Höhepunkt erreicht – etwa während der abendlichen „Stoßzeit”, wenn die halbe Kabine eine Spielübertragung ansieht – leiten Algorithmen den lastintensiven Videoverkehr auf den GEO/HEO-Strahl um, wobei die Dienstqualität aufrechterhalten wird. Im Hintergrund überwacht eine intelligente Software die Zellenauslastung, prognostiziert die Flugroute, die Wetterbedingungen und die Satellitenverfügbarkeit und optimiert die Schnittstelle zwischen Flugzeug und Weltraum, ohne dass ein Eingriff der Besatzung erforderlich ist.
Was genau brachte der „Test über Europa”: Lehren aus dem Flug Rotterdam–Payerne
Der Demonstrationsflug vom April 2021 – von den Niederlanden in die Schweiz – hatte die Aufgabe, die Zuverlässigkeit der Phased-Array-Antenne unter realen Bedingungen zu bestätigen: kontinuierliche Übertragung von Streaming-Videos, Konferenzgespräche vom Boden aus und die Verwaltung von Übergängen (Handovers) zwischen Satelliten-„Spot”-Beams bei Kurs- und Höhenänderungen. Passagiere und technische Teams nutzten während des Fluges Dienste wie YouTube und Netflix reibungslos, während das Team in der Kabine Latenz, Jitter und Bandbreite bei verschiedenen Lastprofilen aufzeichnete. Genau diese Daten dienten als Beweis dafür, dass das Konzept der elektronischen Strahlsteuerung einen stabilen Dienst ohne mechanische Trägheit und „tote Winkel” (blind spots) bei plötzlichen Manövern liefern kann.
Vom Aidan-Projekt zu Amara: Wie die ESA half, die Kommerzialisierung zu beschleunigen
Das ARTES-Partnerprogramm, bei dem Aidan das zehnte Projekt war, konzentrierte sich auf öffentlich-private Partnerschaften mit dem Ziel, der Industrie einen schnelleren Übergang vom Labor zum Markt zu ermöglichen. In der Praxis bedeutet dies die Kofinanzierung von Schlüsselrisiken, das Testen der Interoperabilität und die Förderung der Entwicklung von Bodensegmenten, die morgen Multi-Orbit-Flotten verwalten werden. Für Viasat ermöglichte gerade Aidan die Validierung kritischer Elemente – von den RFIC-Schaltungen in den Phased-Panels bis hin zur Steuerlogik, die den Verkehr verteilt – und legte den Grundstein für Amara als Produkt- und Dienstleistungspaket für Fluggesellschaften.
„Aera” als Hardware-Säule von Amara: Die Dual-Beam-ESA-Antenne bereit für Flotten
Das zentrale Hardware-Element des Amara-Angebots ist die Viasat Aera, eine proprietäre elektronisch gesteuerte Antenne, die zu gleichzeitigen Dual-Beam-Verbindungen zu Satelliten in GEO, HEO und LEO fähig ist, und das mit einem einzigen, flachen Terminal am Flugzeugrumpf. Aera ist so konzipiert, dass sie die Installationszeit verkürzt, vorhandene ARINC 791-Befestigungspunkte nutzt und keine Änderungen am Passagiernetzwerk in der Kabine erfordert, was für die schnelle Anpassung bestehender Flotten entscheidend ist.
Eine weitere praktische Konsequenz des neuen Designs ist die Abwärtskompatibilität: Flugzeuge mit der bestehenden kardanischen (gimbaled) Antenne GM-40 können durch ein Software-Upgrade an der Amara-Strategie teilnehmen, wodurch sie mit neuen Wellenformen kompatibel werden – einschließlich solcher, die für die Telesat Lightspeed-Netzwerke vorgesehen sind – ohne die alte Antenne sofort außer Betrieb nehmen zu müssen. Dies ist ein wichtiger Hebel für Betreiber, die neue Ausrüstung schrittweise einführen möchten, ohne mehrtägige Ausfallzeiten im Hangar in Kauf zu nehmen.
Kommerzieller Fahrplan und Marktkontext
Viasat hat die Amara-Strategie in diesem Jahr als die „nächste Welle” von IFC auf den Markt gebracht, mit einem Plan zur schrittweisen Einführung des Dienstes und seines Ökosystems digitaler Produkte neben der bestehenden globalen Nutzer- und Flottenbasis. Es wurde angekündigt, dass die neue ESA-Antenne und der multi-orbitale Ansatz als Grundlage für zukünftige Kapazitätsintegrationen dienen werden, einschließlich solcher mit Netzwerken, die im Zeitraum 2027–2028 eingeführt werden, wodurch die Flexibilität für Routen über Ozeane und Regionen mit variabler Abdeckung weiter erhöht wird.
Gleichzeitig erlebt der Markt für Flugzeugkonnektivität eine starke Konsolidierung und ein starkes Wachstum, gestärkt durch die letztjährige Integration von Inmarsat in das Portfolio von Viasat und die wachsende Nachfrage aus dem Luftfahrt- und Verteidigungssegment. Finanzindikatoren im Jahr 2024 deuteten auf verbesserte Aussichten und eine solide Nachfrage bei Fluggesellschaften hin, die durch ein digitales Passagiererlebnis einen Wettbewerbsvorteil suchen.
Was „Multi-Orbit” in der Praxis bedeutet: GEO, HEO und LEO, jede für ihre eigene Rolle
GEO-Satelliten, die sich in einer Höhe von etwa 36.000 km befinden, gewährleisten eine breite Abdeckung und hohe Kapazitäten pro Zelle – ideal für das Streaming einer großen Anzahl von Nutzern und stabile Dienste über Ozeanüberquerungen. HEO-Profile ermöglichen eine verbesserte Abdeckung hoher geografischer Breiten, wo das GEO-Signal in einem spitzen Winkel einfällt, während LEO-Konstellationen eine Latenz bieten, die mit Mobilfunknetzen am Boden vergleichbar ist. Das Dual-Beam-Design von Aera nutzt gleichzeitig zwei Umlaufbahnen: Eine Verbindung ist für Latenz optimiert, die andere für Bandbreite; der Verkehr wird auf Anwendungsebene und nach Nutzerprofilen in der Kabine ausbalanciert.
Implementierung und Zertifizierung: Von der Kabine bis zum Dach, ohne den Flugplan zu stören
Für Betreiber ist die entscheidende Metrik die „Turnaround”-Zeit – wie viele Stunden das Flugzeug außerhalb des Flugplans verbringt. Der neue Installationsansatz stützt sich auf bestehende Montagestandards (ARINC 791) und die Minimierung von Kabineneingriffen, sodass Flotten Installationen parallel zu routinemäßigen technischen Überprüfungen planen können. Software-Upgrades und modulare Baugruppen reduzieren den Bedarf an umfangreichen Tests der Kabinennetzwerke und ermöglichen gleichzeitig eine schrittweise Entwicklung hin zu höherer Kapazität oder neuen Umlaufbahnen, sobald diese in den kommerziellen Betrieb aufgenommen werden.
Das Passagiererlebnis: Von kostenlosem WLAN bis zu personalisierten Diensten
Das neue Niveau der Verbindungsstabilität bringt den Passagieren natürlichere Videoanrufe, schnellere Datei-Downloads und weniger „Buffering”, aber auch neue Einnahmemodelle für die Fluggesellschaften. Werbelösungen, die in WLAN-Portale integriert sind, Treueprogramme und personalisierte Inhalte steigern die Monetarisierung bei gleichzeitiger Beibehaltung oder Einführung eines kostenlosen Zugangs. In Kombination mit Flugdaten können Betreiber Prioritäten „intelligent” verwalten – beispielsweise zusätzliche Qualität für Geschäftsreisende oder für das Kabinenpersonal, das für digitale Dienste zuständig ist, während einer Verlangsamung des Verkehrs im GEO-Strahl sicherstellen.
Cybersicherheit und Netzzuverlässigkeit
IFC-Systeme der heutigen Generation werden nach den Prinzipien der Netzwerksegmentierung konzipiert: Der Passagierverkehr ist strikt von den Betriebssystemen des Flugzeugs getrennt, mit mehrschichtigen Sicherheitskontrollen und Ende-zu-Ende-Verschlüsselung. Eine elektronisch gesteuerte Antenne ohne bewegliche Teile reduziert die mechanische Komplexität und die Wartungskosten, während redundante Verbindungen über mehrere Umlaufbahnen zusätzliche Ausfallsicherheit bei lokalen Signalverschlechterungen, schlechtem Wetter oder Überlastung einzelner Zellen bieten. Dabei werden fortschrittliche RFIC-Schaltungen und Algorithmen zur Interferenzunterdrückung eingesetzt, um den Strahl auch in dicht besetzten Luftkorridoren fokussiert und „sauber” zu halten.
Ökologische und betriebliche Auswirkungen: Weniger Masse, weniger Verbrauch, weniger Wartung
Elektronisch gesteuerte Panels sind mit dem Ziel konzipiert, Masse und Energieverbrauch im Vergleich zu mechanisch stabilisierten Antennen zu reduzieren, was direkt mit dem Kraftstoffverbrauch und den Emissionen zusammenhängt. Durch die Reduzierung mechanischer Baugruppen wird auch eine geringere Ausfallzeit (Downtime) aufgrund von Störungen erwartet. Mit der schrittweisen Modernisierung der Flotten können Betreiber die gleiche oder eine höhere Kapazität bei geringerem Energiebedarf erreichen, insbesondere auf Strecken mit vorhersagbaren Nachfragemustern, bei denen das Netzwerk im Voraus entsprechend dem Flugprofil und der erwarteten Nachfrage in der Kabine „orchestriert” werden kann.
Das größere Bild der Branche: Das Rennen um die „Multi-Orbital”-Vormachtstellung
Viasat ist nicht allein im Rennen um mehrschichtiges, multi-orbitales IFC; globale Wettbewerber entwickeln ihre eigenen ESA-Lösungen und integrieren Kapazitäten aus LEO- und GEO-Netzwerken durch Partnerschaften und Verträge mit Fluggesellschaften. Der Vorteil der frühen Technologievalidierung im europäischen ARTES-Programm und die Erfahrung mit großen Flotten sind jedoch ein gutes Kapital für den Übergang von Demonstrationen zur breiten kommerziellen Umsetzung. Angesichts der Ankündigungen neuer LEO-Konstellationen im Zeitraum 2027–2028 sind die nächsten zwei Jahre für eine schnelle Expansion kombinierter Dienste wahrscheinlich, die den Passagieren ein Erlebnis „wie zu Hause” bieten – sei es bei der Arbeit an entfernten Videoanrufen oder beim Verfolgen der Endspiele großer Sportereignisse in 10.000 Metern Höhe.
Was als Nächstes kommt: Digitale Produkte und Partnerschaften rund um Kapazitäten
Über der reinen Konnektivität wird eine Schicht digitaler Dienste aufgebaut – von Werbung und kostenpflichtigen Geschwindigkeits-Upgrades bis hin zur Integration mit Flughafen-Apps und personalisierten Schnittstellen für Mitglieder von Treueprogrammen. Parallel dazu eröffnen strategische Partnerschaften zur Anmietung von LEO-Kapazitäten, wie die geplante Integration von Telesat Lightspeed in die Amara-Netzwerkkarte, die Möglichkeit, die Abdeckung je nach Route und Saison „maßzuschneidern”, mit schneller Zuschaltung zusätzlicher Ressourcen, wenn die Nachfrage über die Erwartungen steigt.
Technisch tiefergehend: Was macht die Phased-Array-Antenne „intelligent”
Im Herzen des Aera-Panels befinden sich radiofrequenzintegrierte Schaltungen (RFIC), die eine präzise Phasenabstimmung und Verstärkungsregelung jedes Elements ermöglichen. Eine übergeordnete Software entscheidet, wie die Energie zwischen den beiden Strahlen verteilt wird, wann der Frequenzplan „umgeschaltet” wird und wie die Dienstqualität (QoS) für priorisierte Anwendungen aufrechterhalten wird. Darüber hinaus reduzieren Algorithmen zur Interferenzminderung (interference mitigation) und automatischen Satellitensuche das Rauschen und finden schneller optimale Pfade, was besonders wichtig beim Übergang zwischen kontinentalen und ozeanischen Flugsegmenten ist.
Auswirkungen auf die Fluggesellschaften: Eine Investitionsstrategie mit geringerem Risiko
Für Unternehmen ist es entscheidend, dass die Technologie keinen „harten Umstieg” (hard cutover) erfordert. Die Möglichkeit einer schrittweisen Migration – von der Aktivierung neuer Wellenformen per Software auf bestehenden Terminals bis hin zum vollständigen Austausch der Antenne durch das Aera-Panel – reduziert das Risiko und erweitert das Zeitfenster für die Amortisierung der Investition. Dadurch können auch die Geschäftsmodelle – kostenloses WLAN mit Werbung, Premium-Geschwindigkeitsstufen, gesponserte Zugänge – getestet und skaliert werden, ohne den „großen Druck” einmaliger Kapitalkosten.
Was die frühen Branchenbewertungen sagen
Fachmedien in der Luftfahrt- und Satellitengemeinschaft haben im Frühjahr und Sommer 2025 gerade die Dual-Beam-ESA-Antenne als einen Wendepunkt hervorgehoben, der eine echte und nicht nur nominelle Multi-Orbit-Konnektivität ermöglicht. Drei Punkte wurden betont: die Interoperabilität mit bestehenden Lösungen in der Flotte, die kurze Installationszeit und die Tatsache, dass das Nutzererlebnis beim Umschalten von einer orbitalen Domäne zur anderen nicht mehr „beeinträchtigt” wird.
Wo man sich informieren kann und was Passagiere erwarten können
Während sich Zertifikatsinhaber und Regulierungspartner dem Abschluss der erforderlichen Prozesse nähern, beginnen immer mehr Fluggesellschaften mit der Planung der Installation und der kommerziellen Aktivierung nach geografischen Prioritäten. Passagiere werden die Änderungen zuerst auf transatlantischen und transpazifischen Flügen bemerken, wo die Nachfrage nach Video-Streaming und Fernarbeit am größten ist, und anschließend auch auf Kurzstrecken mit dichten Flugplänen, wo die Stabilität der Verbindung entscheidend ist, um das Kabinenerlebnis dem am Boden anzugleichen. Betriebliche Ankündigungen und Details zur Abdeckung veröffentlichen die Fluggesellschaften üblicherweise in ihren Kanälen, während technische Übersichten und Entwicklungsnachrichten in Fachpublikationen und auf den Websites der Hersteller verfolgt werden können.
Verbundener Kontext: Optische Verbindungen und Automatisierung des Bodensegments
Neben der Evolution der Antennen an Flugzeugen schreiten auch die optischen Intersatellitenverbindungen und die KI-gestützte Automatisierung des Bodensegments voran, die zusammen die Gesamtkapazität erhöhen und Verzögerungen im „Backhaul” reduzieren können. Projekte, die das Erbe von Aidan fortführen, konzentrieren sich auf die Erweiterung der Zubringer-Links (Feeder-Links) und ein intelligenteres Verkehrsmanagement zwischen Satelliten und Bodenstationen (Hubs), was ein weiterer Schritt hin zu einem Netzwerk ist, das sich selbstständig anpasst und den Verkehr entsprechend den Anwendungsanforderungen in Echtzeit umleitet.